top of page
Suche
  • AutorenbildDietmar Gebert

"Mai oh Mai"

Welch’ ein Glück, dass wir dieses Jahr am 1. Mai eine Wanderung machen können. Alles passt, das Wetter, die Strecke und vor allem: Mal wieder wandern mit den andern.


Alle genießen dieses - für lange Zeit undenkbare - Erlebnis. In Gemeinschaft zu wandern erweitert den Horizont. Man teilt den Weg und seine Gedanken mit. Unsere Wandergruppe sind 6 Ehepaare, bunt gemischt: Berufstätige, Rentner, Schmerzfreie und auch solche die mit dem Knie bis heute hadern. Daher fahren wir auch zum Kniebis.



Auf lockeren Waldböden, Rindenmulch und Wurzelgeflecht genießen wir den Heimatpfad. Es tut gut, immer mal wieder ein Stück Heimat (neu) zu entdecken.


Auf halber Strecke gibt es einen „Kurzen“. Um genau zu sein, handelt es sich um Pfirsichlikör. Manche können dabei aus kleinen Bechern bechern. Andere haben bereits nach kurzer Zeit beim Laufen einen sitzen.


Wir lernen ein „Seedorfer Trinklied“ kennen, bei dem es darum geht, dass die Menschen früher (und vielleicht auch heute) ihre Äcker und Wiesen versoffen haben. Dabei fällt mir ein, dass heutzutage viele Bauern Freude daran hätten, wenn ihre Felder und Wiesen wirklich mal wieder volllaufen würden. Die Trockenheit mancherorts kann man oft nur mit Alkohol ertränken. Aber wie soll man dann später die Ernte in trockene Tücher bringen?



Wir kommen vorbei an einem Moorsee, dessen Oberfläche so schwarz ist, dass man im Grunde den Grund nicht mehr sehen kann. Das ist auch der Grund, warum wir ihn nicht beschwimmen. Wir wollen nicht länger schwarz sehen, sondern lieber zuversichtlich in die Zukunft blicken. Dennoch können wir nicht hellsehen und wissen nicht, was das Morgen bringt.


Das hier und jetzt, um das es heute geht, ist zu wertvoll, als das wir es zu früh vergessen. Fast hätte ich vergessen zu erwähnen, dass wir dann noch gegessen haben.



Das „Knödel-Trio“ hat es einigen angetan. Das ist im übrigen keine schwäbische Kabarett-Gruppe, sondern ein schlichtes Mittagsgericht in den Ausprägungen Spinat, Speck und Käse.


Dazu reicht man „Hütten-Schorle“, ein Getränk aus Rosé-Wein, Bitter Lemon, Mineralwasser und Minze. Die Röhrle sind noch aus Kunststoff, weshalb wir das gemischte Gebräu klimatechnisch nur mit gemischten Gefühlen genießen können.


Wir diskutieren so wichtige Themen wie „Binnenschifffahrts-Patente“ oder „Kreuzfahrt-Erlebnisse“ und das kreuz und quer über den Tisch. Wir erfahren, dass die Chinesen ein Riesenschiff für 8.000 Passagiere bauen lassen, in welches aber gleichzeitig nur 5.000 Europäer passen würden, weil die Kabinen kleiner geplant werden. Während wir darüber nachdenken, ob wir Europäer eher zu hohe Ansprüche haben oder einfach nur dicker sind, bleibt uns das „Knödel-Trio“ im Hals stecken.


Hätten wir noch etwas Pfirsichlikör übrig, würden wir den Knödeln den Weg nach unten erleichtern und auf Äcker und Wiesen, die versoffen werden, einfach pfeifen.

30 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page