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  • AutorenbildDietmar Gebert

"Auf den Zahn gefühlt"

Es war mal wieder so weit. Stippvisite beim Zahnarzt. Nun muss ich eines vorwegschicken:


Der Zahnarztbesuch gehört definitiv nicht zu meinen Lieblingsaktivitäten im Jahresverlauf. Doch so wie das Auto hin und wieder zum Kundendienst oder zur Reinigung muss, sollten wir auch unsere Zähne dort hinbringen. Ich bin noch nicht so weit, dass ich die Zähne dort abgeben kann, um in der Zeit der Reinigung bummeln zu gehen. Nein, ich muss dabei bleiben...


Eine professionell durchgeführte Zahnreinigung dauert knapp 1 Stunde. Dabei lernt man seine Zähne richtig kennen. Und zwar jeden einzelnen. Es beginnt mit der Entfernung des Zahnsteins, wo ich mich jedes Mal frage: Muss man dabei wirklich so tief ins Zahnfleisch reinschleifen, dass jede Faser weh tut und Blut den Hals runterläuft. Früher hat man mir gesagt, wenn der Schmerz kommt, soll man einfach die Zähne zusammenbeißen. Das habe ich dann auch gemacht. Darüber war die Zahnarzthelferin nun gar nicht erfreut. Sie meinte, noch niemand außer mir hätte es geschafft den Diamantschleifer zu zerstören. Da war ich schon ein bisschen stolz. Schließlich wird doch „Biss“ in heutiger Zeit oft gefordert.




Nun, es sollte nicht ohne Folgen bleiben. Miss Parodontose rächt sich anschließend beim „Sandstrahlen“. Zumindest fühlt es sich so an, als würde der dentale Hochdruckreiniger mit 10 bar die Zahnzwischenräume freilegen. Ich will wissen, ob das denn wirklich notwendig sei, worauf die Zahnarzthelferin den Druck um weitere 5 bar erhöht. Ich halte ab jetzt besser den Mund. Bei dem Lärm hat sie meine Hilferufe nicht wahrnehmen können. Auch alle pantomimischen Bewegungen, die auf einem Zahnarztstuhl möglich sind, ignoriert sie. Mir scheint es, dass mit dieser Art der Reinigung die Zwischenräume noch größer würden. Im Geiste blättere ich das Kinderbuch von „Karius und Bactus“ vor meinem geistigen Auge durch. Die beiden „Jungs“ hatten es sich damals in der Zeit meiner Kindheit auch schon in den hohlen Zähnen bequem gemacht.




Es ist ja nicht nur der Schmerz, den man beim Zahnarzt empfindet, wenn jemand mit hochfrequenzbetriebenen Bohrschleifern in einem der sensibelsten Tele des menschlichen Körpers hantiert. Es ist auch die Gefahr der Mundstarre, die eintritt bei dauerhaft weit aufgerissenem Mund.


Es folgt die Zahnseide-Behandlung. Wer bisher dachte, Seide wäre ein edles, flauschiges Material, der kommt spätestens bei der zweiten Furche, die die Seide schneidet, zur Besinnung.


„Im Alter werden die Zwischenräume immer größer“, meint die junge Dame süffisant und setzt zur weiteren Strangulation an. Wenn sie so weiterarbeitet, werden die noch verbliebenen Zähne freiwillig die Wurzel verlassen.


„Jetzt nur noch polieren, wir haben es gleich geschafft!“ Wenn sie wüsste, wie ich schon geschafft bin, hätte sie diesen Spruch unterlassen. Meine linke Hand versucht langsam die Starre 45-minutiger Verkrampfung zu überwinden. In den Achseln haben sich kleine Seen aus Schweiß gebildet. Die Polierpaste wird sanft einmassiert. Für die Zähne muss es sich anfühlen, wie wenn man eine halbe Stunde den Popo verhauen bekommt und derselbe dann anschließend eingecremt wird.


„Tat es weh?“ will sie beiläufig noch wissen. Ich schüttle den Kopf und hoffe, dass alle Plomben und Zähne bei diesem Vorgang noch an ihrem Bestimmungsort bleiben.


Noch einen neuen Termin vereinbaren für November. Gerne 2030...






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